Freitag, 4. September 2020

Wellen

Die aktuelle Gefühlslage ist ein ewiges Auf und Ab. 
Im einen Moment bin ich gerührt über die Ankündigung des Sohnes, er komme gleich von seinem Spanienausflug nach Hause, der Corona-Test sei ganz schnell gegangen und habe vor allem gekitzelt. Im nächsten könnte ich ihn postwendend wieder aus dem Haus schicken, weil er sich aus seiner Quarantäne-Wohnung ausgeschlossen hat, wieder bei mir wohnt (Test negativ) und mich fortwährend mit der Frage terrorisiert, was es zu essen gebe. 
In der einen Sekunde sorge ich mich um ihn, weil er einen Sonnenbrand und Schnupfen hat, in der nächsten nervt mich, dass neben vielem anderen die Verpackungen des Erkältungsbads und der Bodylotion im Badezimmer herumfliegen. 
Kurz flackert der Gedanke „Undankbare Drecksbrut“ in mir auf, sofort frage ich mich, ob ich als liebende Mutter überhaupt so etwas denken darf. Wahrscheinlich nicht.
Auf der einen Seite kann ich das Kind nicht schnell genug loswerden, wenn es um meinen nach all‘ dem Durcheinander hart erkämpften sturmfreien Tag geht. Auf der anderen Seite finde ich mich sofort danach herzlos, ungnädig und den Nachwuchs ganz reizend („Viel Spaß, Mama, bei Was-Immer-Du-Vorhast!“).
Dem Sohn scheint es kaum anders zu gehen. Kaum, dass er hier durch die Tür war, gab er mir unaufgefordert das Geld für den Rückflug zurück. Muddie schon wieder gerührt. Nur wenig später fragt er mich, ob ich ihm Geld für ein S-Bahnticket geben könne. Muddies Einsatz hält sich in Grenzen, ihm bei diesem Problem zu helfen. Auch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ bringt mich an der Stelle nicht weiter. Eher im Gegenteil; ich denke sofort, dass er diese Flatterhaftigkeit wahrscheinlich von mir hat.
Dann finde ich es klimatisch angezeigt, einen Kuchen zu backen. Scheue im letzten Moment doch davor zurück, um nicht wieder um ein Haar auf eine murmelgroße Glaskugel zu beißen, die ich auf wundersame Weise im letzten verbacken habe - und mich noch immer frage, aus welcher Zutat sie dort hineinkam.
Mal denke ich, wie schrecklich herbstlich es schon ist, dann denke ich, das Ende des Sommers kann noch nicht angebrochen sein, schließlich habe ich gerade erst Meßmers Cold Tea für mich entdeckt.

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