Donnerstag, 24. September 2020

Seit der Himmel

Es ist nicht einmal so, dass im Moment gar nichts passiert. Es gibt sie schließlich noch, die lauschigen Abende auf dem Balkon in bester Gesellschaft. Dennoch komme ich gedanklich immer wieder auf das letzte Wochenende zurück, auch wenn die Brandblasen nach und nach besser werden und der Muskelkater überwunden ist. Meine größte Leistung der Tage bei meinen Eltern war nicht die körperliche Arbeit in der Pflanzenbekämpfung. Sie bestand im Versuch, der Nachbarschaft vielleicht arbeitserleichterndes Werkzeug entlocken zu können. Dazu musste ich mich zu den Nachbarn begeben, die in schönster Mehrgenerationen-Harmonie zum Kaffeestündchen auf dem eingemauerten und gepflasterten Vorplatz des Hauses saßen (während die scheckheftgepflegte, 1A-vertikutierte Rasenfläche im Garten hinterm Haus wie üblich für bessere Zeiten geschont wird). Die Besetzung gilt es sich so vorzustellen: Tochter (um die 50 Jahre) und ihre Eltern sitzen auf Camping-Klappstühlen (so diese erkennbar ist mit ausgeblichener 70er Jahre-Bespannung) um einen ebensolchen Tisch, in dessen Resopaloberfläche das verblichene Wachstuch bereits serienmäßig eingebaut ist. Darauf Kaffeebecher unterschiedlicher Provenienz. Ausnahmsweise nicht dabei: Ehemann und Tochter der Tochter. Die Stühle der beiden anwesenden Frauen werden ob des Lebendgewichts hart an die Grenze der zulässigen Maximalbelastung gebracht. Vielleicht sogar darüber. Einzig der Vater kommt etwas dynamischer daher. Demzufolge wende ich mich mit meinem Ansinnen an ihn. Ob ich die Geräusche vorher richtig gedeutet habe und sie einen Hecksler haben, den sie uns ausleihen können. Die Tochter ignoriert mich geflissentlich, die Mutter blickt mich stumm und herablassend mit demonstrativ zusammengekniffenen Lippen (kluges Konzept, sollte sie vielleicht öfter tun) an. Wahrscheinlich weil mein kaputtgespieltes Aussehen die Friseurin in ihr nicht erfreut. Immerhin kann ich sagen, dass meines einigermaßen temporär ist. Einzig Papa durchbricht die schweigende Tristesse. Nein, das sei ein Vertikutierer gewesen. Freunde, ich mag zwar Stadtkind sein, aber ich kann die Geräusche eines mechanischen Vertikutiergeräts schon von einem motorisierten Hecksler unterscheiden! Wenn ihr mir keine Gerätschaften ausleihen oder ihr mich nicht unterstützen wollt, sagt es mir ruhig. Ich kann gut damit leben.
Selten habe ich mich mehr über das Glück gefreut, in die richtige Familie hineingeboren worden zu sein.

Beiläufige Notiz am Rande zur allgemeinen Auffrischung: Wer noch einmal sagt: „Hach, Herbst, einfach schönste Jahreszeit!“, bekommt ansatzlos eine gedrückt. Ich bin gerade in Stimmung.





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