Samstag, 22. Juni 2019

Mittsommer

Beim Lowlight des Jahres rangiert die Eigentümerversammlung ganz vorne. Und das, obwohl ich antizipierend bereits den Scheidungstermin mit eingerechnet habe. Es gibt wahrlich bessere Varianten, den Mittsommerabend zu verbringen.
Ich weiß, ich wiederhole mich, wenn ich in abgewandelter Form Asterix zitiere: „Sie sind alle so dumm und ich bin ihr Nachbar!“
Lesebeispiel: Eine Partei stellt den Antrag, auf ihrem (gemieteten) Parkplatz eine e-Auto-Ladestation errichten zu dürfen. Die Hausgemeinschaft stimmt dem zu, regt aber an, es solle mit dem Bau die Möglichkeit geschaffen werden, in Zukunft auch weitere Ladestationen anschließen zu können. Die Gemeinschaft trage die Kostendifferenz zwischen einfachem und mehrfachem Anschluss. Des weiteren bekomme der Antragsteller von jedem nachfolgenden e-Mobilen einen Teil seiner Errichtungskosten erstattet. Er versteht leider auch nach mehrmaligem Erklären das Angebot nicht als solches und empört sich irgendwann - ganz der hitzige Spanier -, wenn uns das lieber sei, könne er das mit dem e-Auto auch ganz lassen und weiter mit seiner Dreckschleuder fahren. Ich rechne es meiner altersbedingten Weisheit an, dass ich die Diskussion nicht weiter befeuere, indem ich das Argument bringe, am ökologischsten wäre wohl der vollständige Verzicht aufs Auto.
Vollkommen klar, dass der angehende Ex-Mann sich den Termin nicht entgehen ließ. Überraschend eher, dass er sich für seine Verhältnisse bei Entscheidungen fast schon zurückhielt. Wenn auch nur, weil er die meiste Zeit vor sich hin nickerte. Weniger überraschend, dass er die Veranstaltung dazu nutzte, bei den anderen Eigentümern Mitleid für seinen wahrscheinlichen Abschied zu erzeugen. Es spricht für sein Empathievermögen, dass er dies tat, als die einzig zu erwartende Sympathisantin seiner Sache die Versammlung bereits verlassen hatte. Noch viel weniger überraschend, dass er gegen Ende der Sitzung mit mir sprach (!), um einen Termin (beziehungsweise gar zwei!) mit meiner und seiner Anwältin, ihm und mir zu vereinbaren. Wer jetzt denkt, wie absurd ist das denn, der/dem sei gesagt, genau das habe ich befürchtet und genau deswegen bin ich der besten Nachbarin auf ewig dankbar, dass sie sich erstens ohne Not den Abend mit dieser Veranstaltung herumgeschlagen hat, sich zweitens abblockend neben mich setzte und mich drittens anschließend an ihrem eigentlichen Abendprogramm teilhaben ließ. So wurde es zumindest noch eine schöne Mittsommernacht. Vieles lebt ja auch vom Kontrast.

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