Mittwoch, 27. Mai 2020

Summer in the City

Der Urlaub geht weiter. Die Erholung ist jedoch von kurzer Dauer, wenn uns bei der Rückkehr ein aufgescheuchtes Dompfaffenpaar in der Halle erwartet, das ein Nachbar mit offenem Fenster und Vogelfutter angelockt hatte, aber anschließend den Weg ins Freie nicht wieder fand. Zwar wurde auf diese Weise dem Wunsch des Sohnes entsprochen, Tiere sehen zu können, aber so ist natürlich es nicht richtig. Der gestellte Nachbar wiederum fand es schön, Vögel in unserer ungeeigneten Voliere zu haben und freute sich, „es seien auch schon Meisen und Spatzen da gewesen“. Wer hier wohl einen Vogel oder eine Meise hat? Er verstand unsere Aufregung nicht. „Die haben doch noch immer rausgefunden.“ Dass die (hörbare) Aufregung der Vögel sie wahrscheinlich Jahre ihres Lebens kostet, schien ihn nicht weiter zu belasten. Auch die Androhung der Nachbarin, sie werde ihm in Zukunft katzengleich die toten Tiere mit ihren gebrochenen Genicken vor die Tür legen, entlockte ihm nur ein müdes Lächeln. Abgang besagter Nachbar, Auftritt meiner Brut plus Freundin. Ich so: „Das ist so ein Idiot! Die armen Vögel haben echt Stress.“ Der Sohn: „Mama, nicht so laut! Der kann dich hören.“ Die Tochter: „Ja, stimmt. Du weißt sowas, du hattest ja auch mal Vögel.“ Die Freundin (den Tränen nahe): „Ja, das hört man, dass die vollkommen fertig sind. Wie können wir ihnen helfen?“ Immerhin konnte ich sie in ihrem Mitleid ein wenig zum Lächeln bringen, als ich ihnen allen kurze Zeit später mitteilen konnte, die Dompfäffin habe es schon nach draußen geschafft, der Mann brauche wie im echten Leben wahrscheinlich noch etwas länger. „Ach, das sind gar keine Rotkehlchen? Und woher weißt du, dass das der Mann ist? Eigentlich hätte ich gedacht, dass die Frau auf ihn wartet.“ Offensichtlich habe nicht nur ich es zu Stadtkindern gebracht. Der Dompfaff scheint es am Ende auch geschafft zu haben. Ich habe ihn zumindest nicht auf der Fußmatte des Nachbarn wiedergefunden.

(Suchbild. Ich nenne es „Der Reiher und die Mengenlehre“.)

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