Dienstag, 8. Mai 2018

Sommerfrische oder so ähnlich

Einer der wenigen Vorteile des Angeschlagenendaseins ist, dass in meinem derzeit reizarmem Umfeld ein neuer Sparschäler tiefste Befriedigung hervorrufen kann. Das Billig-Modell „Edeka Haushalt“ schafft, was vor ihm bisher nur das billigste Fackelmann-Exemplar konnte, das ich wegen Altersschwäche entsorgen musste und das aus unerklärlichen Gründen nicht mehr Teil der Range dieses Anbieters ist. Selten äußere ich an dieser Stelle Handlungsaufforderungen. Doch jetzt sage ich: „Ziehet aus und kauft Euch den günstigsten aller Edeka-Sparschäler! Es wird zu Eurem besten sein.“ Er hat für den kleinen Preis sogar ein durchsichtiges Plastikgehäuse zum Schutz der Klinge.
Ein weiterer Vorteil, dass die kurze Zeit, die ich am Tag sitzen kann, auch auf dem Balkon in der Sonne verbracht werden kann. Der Himmel ist strahlend blau, eine Meeresbrise weht - ansonsten wäre es auch zu heiß - und keine johlenden Schüler aus den umliegenden Schulen stören die Ruhe. Das und die Beständigkeit des Azorenhochs suggerieren sechs Wochen Sommerferien. Doch das sind vergangene Zeiten. 
Noch viel früher verbrachten wir die Sommerfrische manchmal an der Ostsee. Das bot sich an, denn die Verwandtschaft wohnte dort. Wegen meiner Krankenhaussozialisation hielt ich den Onkel, wenn er noch im weißen Kittel nach Hause kam, für den „ßefarzt“. Obwohl er nicht einen Tross serviler Weißkitteljünger hinter sich führte, sondern - wenn überhaupt - Frau, Kind und Hund. So oder so lief er bei mir unter diesem Titel, auch wenn die Position damals noch Zukunftsmusik war. Er freute sich jedenfalls, dass ich an ihn glaubte. Ich war wohl ein ziemlich hellsichtiges Kleinkind. Das Vertrauen ist wie erwartet bestätigt worden und geblieben. Wenn also mein ßefarzt mir sagt, das Röntgenbild lege eine neue Hüfte nahe, dann weiß ich, was Phase ist. Und habe außerdem die Gewissheit, die letzten zwei Wochen nicht simulierend hypochondrisch verbracht zu haben. Zweckoptimismus tut so viel für dich.



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