Samstag, 8. Februar 2014

Fasching

Der eine oder andere kennt meine Vorliebe fürs Brauchtum. Mir ist dabei ziemlich gleichgültig, ob es sich um einen tradierten, fest in unserer Kultur verankerten oder um einen neumodischen, importierten Brauch handelt; ich finde sie gleichermaßen grässlich. Ich kann mir zugutehalten, dass ich meine Kinder in dieser Hinsicht in keiner Weise beeinflusst und mich neutral bzw. kooperativ verhalten habe. Eine Strategie, die ich zum Thema Schwiegermutter genauso durchgezogen habe, nur dass mir dort die Zurückhaltung noch etwas mehr abverlangt hat. Nennt mich die emotionale Schweiz!
Aktuell steht nun wieder Fasching ins Haus. Dessen einziger Lichtblick besteht darin, dass er das Ende der Saison Laternelaufen-Halloween-Advent-Fasching markiert. 
Unterdessen freue ich mich, Kinder zu haben, die dem Alter der aktiven Brauchtumspflege entwachsen sind - und deren Berufswunsch auch nicht Funkenmariechen ist.
Doch früher war alles anders. Natürlich finde ich es prinzipiell großartig, Kinder mit einer gesunden Phantasie zu haben. Im Hinblick auf die Faschingskostüme möchte man diese kindlichen Fähigkeiten zumindest temporär abschalten können. Zumal, wenn man wie ich nur mit sehr rudimentären Handarbeits-Skills ausgestattet ist.
Die ersten beiden Faschingskostüme der Tochter waren einfach, weil nicht existent. Mit gerade einem bzw. zwei Jahren musste ich sie ohnehin nach kürzester Zeit abholen, weil sie mit den schrillen, fremden Leuten, die die Kita gekapert hatten, überhaupt nicht klarkam. Auf der Arbeit nannte ich es "Kind krank", was nicht gelogen war.
Beim dritten Mal war die Situation eine andere, da sie nun als große Schwester ihrem einjährigen Bruder alles erklären und schonend beibringen musste. Unnötig, wie sich herausstellte, da er den ganzen Spuk ohnehin als das durchschaute, was er vermutlich ist: zeitweiliger Wahnsinn - das gibt sich wieder. Vielleicht liegt den Zweitgeborenen der Realitätssinn immer etwas näher. Als treusorgende Schwester legte sie in jedem Fall unmissverständlich fest: "Der (lockere Daumenbewegung nach links unten) geht als Küken!" Ein Kostüm, das mir mit meinen eingeschränkten Möglichkeiten recht gut gelang, wenn auch die Dauerhaftigkeit angetackerter Schnäbel und Federn etwas zu wünschen übrig ließ. 
Es folgten in den Jahren danach Meerjungfrau, Spiderman usw., die ich vergleichsweise gut hinbekam und auch gerne fertigte, wenn ich nur nie wieder ein vom Fasching traumatisiertes Kind abholen musste.
Die letzte aktive närrische Zeit meiner Kinder - unterdessen in der Grundschule - hielt dann zum Glück Versöhnliches für mich bereit: während sich die Tochter als rotes Blutkörperchen zurechtmachen wollte und das Kostüm in Eigenregie herstellte, befand der Sohn, ganz Medienkind, er mutiere zu Florian Silbereisen. Es stellte sich heraus, dass ihm die eigentliche Figur vollkommen fremd war, er nur ihre Parodie (Fachterminus meiner Kinder damals: "die Nachmachung") kannte, weswegen er zur Einstellung auf seine Rolle in seinem Kostüm und "Hey! Herzlich willkommen in der Hartz-4-Halle hier in Dresden" proklamierend durch die Wohnung tänzelte. 

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