Montag, 9. November 2020

Rollentausch

Ein weiteres Glück des zweiten Mals ist, dass montags morgens die neben meinem Ohr platzierten, überbordenden Glascontainer dank MEWZ nach und nicht vor sieben Uhr geleert werden. Kurz danach klingelt der Wecker ohnehin. Dann stört auch die lautstarke Laubentsorgung nicht mehr. Anders als die Nachbarn, die meinten, am heiligen Sonntag ab 10 Uhr morgens konzertiert Hämmern und Werkeln zu müssen. Das störte schon. Vor allem, da ich nach einer schlechten Nacht um diese Zeit gerade dabei war, wieder einzudruseln. Immerhin ist bereits eine Woche geschafft - und die war wie prognostiziert überraschend golden oder weniger novemberlich. Ein Kontakttagebuch brauche ich auch nicht zu führen, denn bis zu drei Kontakte pro Woche bekomme ich rekonstruiert, ohne sie aufschreiben zu müssen. Für mich weniger positiv, aber als Empfehlung für alle anderen ein Gewinn: mit Rückenschmerzen ist eine 50-Stunden-Woche keine allzu gute Idee. Vor allem wenn die Ausgleichssportarten Laubfegen und Wohnungputzen heißen. Don‘t try this at home! „Mama hat viel zu viel gearbeitet.“ kommentierte der Sohn in Gesellschaft zumindest meinen bezahlten Frondienst. Er belustigte mich außerdem damit, dass er nach sonntäglichem Nichtstun (normalerweise mein Part) sich aufs Sofa fallen ließ und den Fernseher anschaltete, um lineares Fernsehen zu verfolgen. In trauter Zweisamkeit sahen wir die Tagesschau. Wir senkten damit das Durchschnittsalter der Sendung von 64 auf jugendliche 63, könnte ich mir vorstellen. Als Boris Johnson mit seinem Kommentar zu US-Wahl gezeigt wurde, musste er lachen. „Wenn man einen Lutscher anleckt und auf einem Flokati wälzt, dann kommt er dabei heraus.“ Ein schönes Bild, das sich jetzt in meinem Hirn festgesetzt hat. Im Anschluss ließ ich den Sohn allein zuhause und ging zur Nachbarin. Als ich zurückkam, lag er noch immer auf dem Sofa und guckte „Anne Will“. Etwas, das ich ich freiwillig nie tue, denn meine Maxime heißt: Anne will, aber kann nicht. Der Sohn wiederum erfreute sich am tautologischen Geblase und warf zusätzlich ein, dass Anne „ganz schön gebotoxt sei“. Ich hätte erstens nicht gedacht, dass ihm so etwas auffalle, zweitens dass es für seine Altersklasse überhaupt eine Rolle spiele. Anschließend bemerkte er noch, der Tatort sei super gewesen und lächelte darüber, dass ich ihn „zu spooky“ fand. Einzig das in den vergangenen anderthalb Stunden von ihm verputzte Essen hielt mich davon ab zu vermuten, über sein Sonntagnachmittagschläfchen wäre der Sohn vom Millennial ohne Umwege in die Boomer-Generation übergegangen.

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