Samstag, 6. Juli 2024

Spieltag 18

Das letzte Deutschlandspiel habe ich verpasst. Erst wegen Arbeit, dann wegen eines anderen Termins. Anders als zur WM 2018, als ich auch das letzte Spiel der deutschen Elf nicht sehen konnte, hieß es diesmal, es sei ein schönes Spiel gewesen. Genauso wie sechs Jahre zuvor war die Konkurrenzveranstaltung aufregend. Auf dem Weg ins Volksparkstadion, inmitten unzähliger portugiesischer Anhänger, erfuhr ich vom 0:1-Rückstand. Im grün-roten Tross kümmerte es niemanden. Viel aufregender war, dass kurze Zeit später der Bus mit der portugiesischen Mannschaft nebst riesiger, blinkender Eskorte unter uns vorbeifuhr, als wir uns gerade auf der Brücke befanden. Einen Moment lang hatte ich Sorge, sie könnte zusammenbrechen, weil alle Fans sich in Windeseile auf die rechte Seite der Brücke warfen, um durch undurchsichtige Scheiben Spieler erkennen zu können. Außer millionenfachem Geknipse passierte nichts. Im Stadion bot sich ein ähnliches Bild wie auf dem Weg dorthin: Heimspiel für die Portugiesen. Marseillaise singend stand ich ziemlich alleine da. Die Mannschaft mit „dem zweitschönsten Auswärtstrikot der EM“ (die Tochter) anfeuernd auch. Machte zum Glück nichts, denn die Grün-Roten verhielten sich rücksichtsvoll gegenüber über den Blau-Weiß-Roten. Lediglich CR7 wurde aus den eigenen Reihen vehement ausgebuht. Bei ihm hörte offensichtlich die Toleranz auf. Beeindruckend, wie viel Stimmung im sonst hanseatisch-unterkühlten HSV-Stadion aufkommen kann, wenn nur die richtigen Mannschaften dort spielen. Beeindruckend auch die gesamte Kulisse. Unverändert war jedoch das schlechte Netz, dessentwegen es schwierig bis unmöglich war, sich über den Stand des früheren Spiels auf dem Laufenden zu halten. Mit Chance erreichten mich Nachrichten anderer. Wie zum Beispiel die Bestätigung der Tochter, die französische Sieben spiele besser als die portugiesische. Kaum festgestellt, wechselte der grauhaarige Giftzwerg Griezmann aus. Kurze Zeit später bekam ich die Nachricht der Kinder, es sei an der Zeit, endlich Konaté einzuwechseln. Ein Wunsch, der selbstverständlich unerhört blieb. 
Vor dem Tor war keine der beiden Mannschaften richtig zwingend. Spannend und aufregend war es trotzdem die gesamte Zeit. Die Auswechselung von Mbappé verpasste ich, weil ich es für sinnvoll hielt, vor dem Elfmeterschießen den Liter Cola wegzutragen, den ich vorher in mich geschüttet hatte. Eine sehr vernünftige Entscheidung. Schließlich bekamen wir das Maximum zu bieten. Auch wenn ich den Bleus kein Weiterkommen bescheide, solange sie es nicht schaffen, endlich mal ein eigenes Tor aus dem Spiel heraus zu erzielen. Die Mannschaft, die fünf von fünf Elfmetern verwandelt, und das vor dem portugiesischen Fanblock begleitet von anhaltenden Pfiffen, hat zurecht gewonnen. Die portugiesischen Fans waren genauso zurecht geknickt, aber verhielten sich, anders als die sonstigen Gastgeber bei einschneidenden Niederlagen, fair und zurückhaltend. Oder « On entend plus chanter les portugais! » wie später in der S-Bahn nicht mehr vollständig nüchterne Franzosen grölten. Mein Beitrag zur Gastfreundschaft: Sie in ihrem Idiom darauf hinzuweisen, dass diese Bahn nicht in Altona halte und sie besser Holstenstraße aussteigen. Sie davon zu überzeugen, war schwer genug (während des kurzen Dialogs fiel dem einen ungefähr fünfmal sein Telefon auf den glücklicherweise recht sauberen Wagonboden). Umsteigen am Hauptbahnhof hätte sie wegen der beträchtlichen Anzahl Holsten vorneweg überfordert. Marchons, marchons!









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