Montag, 26. April 2021

Jetzt mal ernsthaft

Nahezu klaglos habe ich hingenommen, dass seit einigen Jahren „erinnern“ fast ausschließlich transitiv verwendet wird und dass alles „Sinn macht“. Zwar bin ich noch davon entfernt, diese Wendungen in meinen aktiven Wortschatz aufzunehmen, aber immerhin rüge ich mein nahes Umfeld nicht mehr, wenn sie sie in dieser Form nutzen. Nebenbei bemerkt: Der stete Tropfen höhlte den Stein so oder so, denn meine Brut erinnert sich meistens und findet Dinge eher sinnvoll. 
Meine Nachsicht endet jedoch allmählich. Seit vermehrt von „Sinnhaftigkeit“ (von Maßnahmen o.ä.) gesprochen wird. Wo bitte ist Euer vielgenutzter und gemachter Sinn geblieben? Was ist nun gegen den guten, alten Sinn einzuwenden? Worin liegt der Vorteil der zehn zusätzlichen Buchstaben? Die Attraktivität des Wortes will sich mir nicht erschießen. Vermutlich liegt es an mir. 
Was ich immerhin vermag: den Sohn ans Putzen zu bekommen. Spielerisch sozusagen. Das scheint auch bei jungen Erwachsenen zu funktionieren. Am Wochenende ging ich zu „Zweimal-Hin-Doch-Nicht-Alles-Drin“. Dort besorgte ich unter anderem einen Akku-Handsauger. Seitdem ist der Sohn oft und gerne in allen möglichen Ecken zu sehen, die er ghostbustergleich von ihrem Dreck befreit. Sollte sich der Effekt abnutzen, werde ich alle meine Energie in die Entwicklung eines leicht abgeänderten Pokémon Go-Spieles stecken, das eifrig Punkte fürs Wohnungputzen verteilt. Ein wenig hält die Begeisterung hoffentlich noch an. Gestern jedenfalls war das neue Spielzeug mit das erste, was er seiner Freundin bei ihrem Besuch präsentierte. Mit dem Hinweis: „Merkst du das? Der von Real saugt viel besser als euer Lidl-Modell!“ Zum Glück bemerkte sie es auch und teilte seine Meinung. Anders als letzthin, als er ihr gestand, Armin Laschet „sehe ein bisschen süß aus, mit seinen Backen und der Knoblauchnase“. Dieses verschämte Geständnis fand bei ihr weniger Zustimmung. Ich hielt es nicht für sinnvoll, es ihr dadurch näher zu bringen, dass er Ähnliches bereits über Gregor Gysi und Sigmar Gabriel gesagt habe. Es ist so wichtig, die Grenzen der Mutterrolle zu kennen.

(Auch am Wochenende: nicht etwa Masuren, sondern Hamburg)

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