Samstag, 17. April 2021

Immerhin

Nachdem in den letzten Tagen Gehwegplatten in mein Mosaik der Enttäuschungen gelegt wurden, bleiben mir vor allem zwei Dinge zur Erbauung: das Wetter, das nun endlich einmal das Attribut Frühling verdient, und wie üblich Worte. Zum einen natürlich die geschriebenen, zum anderen die gesprochenen, die ich trotz allem aufschnappen darf. Allein heute waren ein paar schicke dabei. 
Auf dem Balkon sitzend dröhnte eben beispielsweise die bio-schwäbische Nachbarin aus der Alterskohorte der Impfpriorisierten zu einer anderen Nachbarin über den Hof. Deren fragen nach ihrem Wohlergehen retournierte sie erst mehrmals mit: „Waaas? Ich verstehe dich nicht!“. Wohlerzogen wie ich bin, quakte ich nicht dazwischen, dass es „Wie bitte?“ heiße und was man in ihrer Generation noch an Umgangsformen gelernt habe. Zum Abschluss der nicht ganz reibungslosen Kommunikation widmete sie sich wieder ihrem Weinglas und befand, sie „gucke die englische Beerdigung“. Farewell mit Glimmer ist wohl auch das Mindeste, was der verschiedene 99-Jährige von ihr erwarten kann.
Am anderen Ende des Spektrums kamen mir beim Einkauf in unserem beschaulichen Dorf drei junge Frauen - aus der Altersklasse meiner Kinder, vermute ich - entgegen. Die eine rief den anderen beiden so laut zu, dass es selbst meine oben erwähnte Nachbarin noch vor dem Fernseher gehört hat: „Bruder, ich guck‘ keine fucking Tagesschau!“ Daraufhin die andere kleinlaut: „Ich schon.“ Alles in allem geht doch nichts über eine gute Kinderstube.

(Warnung für alle, die sich in die Natur wagen.)

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