Donnerstag, 5. Oktober 2023

Hiesige Gepflogenheiten

Unterdessen gut eine Woche hier reift die Erkenntnis, dass ich zwar gut erholt, aber kaum gebräunt aus diesem Urlaub zurückkehren werde (hitzebedingt hier statt „Eleven to three under the tree“ eher „Nicht vor 17 Uhr das Haus verlassen“). Außerdem habe ich mitbekommen, dass der Mittwochabend bzw. die Nacht auch hier den beliebtesten Ausgehzeitpunkt der Woche markieren. Die Nacht eben, in der sich die meisten Feiernden und Müllarbeiter treffen. Zusätzlich bin ich wieder und wieder verwundert, dass im Gegensatz zu Frankreich, das nun nicht so weit entfernt liegt, Höflichkeit als übertrieben eingeschätzt zu werden scheint. Es klingt sehr verallgemeinernd, doch irgendwie werde ich den Eindruck nicht los. Tür vor der Nase zuknallen, auf der Straße bis zum Bodycheck nicht ausweichen, Eltern nicht mit Kinderwagen oder älteren Menschen nicht mit Rollatoren helfen, gehört hier alles zum guten Ton. Und doch hat es mich überrascht, als ich gestern einer Frau - nicht älter als ich, am Ende wahrscheinlich zehn Jahre jünger - half, ihre zwischen uns an der Kasse auf den Boden kullernden Münzen aufzulesen, ihr eine ihrer Fünfcentmünzen in die Hand drückte und außer einem mürrischen Blick keinen Dank dafür erhielt. Ich wiederum dankte ihr mit einem deutlich vernehmbaren „Gern geschehen, dumme Kuh!“. Wenn sie es nicht verstanden hat, war es mir genauso recht, als wenn sie des Deutschen mächtig wäre. Da keine weitere Reaktion kam, nehme ich Ersteres an. Wieder einmal zu gut, dass meine Kinder nicht vor Ort sind. Das wäre ansonsten eine Vollkatastrophe geworden, sind sie doch schon höchst peinlich berührt, wenn ich mich im Schutze der eigenen Wohnung despektierlich zu grundlos greinenden Kindern oder kläffenden Hunden äußere - und checken lieber noch einmal, ob alle Fenster vollständig geschlossen sind.



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