Montag, 6. März 2023

Vorprogrammiert

Es hätte mir klar sein sollen. Wenn der Tag damit beginnt, dass der Tee nach Spülwasser schmeckt, ist eigentlich alles gesagt. Vor allem, wenn es der Geschmack des eigenen Spülmittels ist und niemand außer mir selbst dafür verantwortlich sein kann. Immerhin Bio und immerhin Verbenenaroma, es hätte schlimmer sein können. 
Die eigentliche Überraschung des Tages blieb der gelungene New York Cheesecake, den ich auf Wunsch des Sohnes nach dem Teefiasko gebacken hatte. Manchmal doch vorteilhaft, sich zumindest annähernd an Rezepte zu halten. Es stimmt übrigens, der Kuchen gewinnt, wenn man es schafft, ihn über Nacht stehen zu lassen.
Im Anschluss verlief der Tag wie durchs Teeorakel angekündigt. Nicht ganz rund, aber zum Teil erfolgreich. Im ersten Schritt hatte ich mir ein Auto ausgeliehen, um einen Kollegen für den kürzlich neu erworbenen Sessel zu besorgen. Routine im Recruitment, so wichtig. Die leicht milchverglaste Frontscheibe störte mich, zumal sich ihr Zustand durch Sprühen und Wischen nicht allzu sehr verbessern ließ. Kurz entschlossen bog ich an der nächsten Tankstelle ab, um für Abhilfe zu sorgen. Da ich schon einmal dort war, konnte ich auch gleich volltanken. Nein, konnte ich nicht. Der Tankdeckel ließ sich partout nicht öffnen. Draufdrücken, gut Zureden, Fluchen, Hebel Betätigen - die Motorhaube bekam ich auf - nichts half. Mit Spülwassertee im Bauch machte es nichts mehr aus, fand ich, die Tendenzblonde zu geben und die Angestellten der Tankstelle um Hilfe anzugehen („Ich würde die Elf gerne bezahlen, wenn ich es nur schaffte, den Tankdeckel zu öffnen. Können Sie mir helfen?“). Sie standen zu zweit hinter der Kasse und wären beide sofort bereit gewesen. Ein junger Mann ging dann mit mir zum Auto. Versuchte genau wie ich sein Glück und scheiterte ebenfalls. Am Ende zückte er verzweifelt sein Telefon, um die Lösung online zu recherchieren. Hätte nicht gedacht, dass das die Profilösung wäre - und vor allem nicht, dass er das Automodell falsch einsortierte. Seine Google-Suche versprach einen Hebel, meine besagte beherztes Tankdeckeldrücken. Simsalabim, ich bekam ihn auf! Und zusätzlich die Bewunderung des Tankwartes: „Wie haben Sie das denn geschafft?“
Der weitere Weg und die nachfolgenden Aktivitäten verliefen erfreulich ereignislos. Selbst das Einladen der Sessel- plus Tischteile ging mir als erfahrener Tetris-Expertin gut von der Hand, obwohl ich vorher bereits Blumen, Blumentöpfe und Blumenerde im nicht allzu großen Auto verstaut hatte. Schwieriger wurde es, die Sesselverpackung loszuwerden, die nun wirklich nicht mehr ins Auto passte. Ich ließ den Blick über den Parkplatz schweifen und entdeckte nicht weit entfernt in der übernächsten Parkreihe einen entsprechenden Container. Mit dem Pappungetüm ging ich vorsichtig durch die saisonal kargen Blumenrabatten, um auf kürzester Distanz dorthin zu gelangen. Der Mann südländischer Provenienz, den ich für einen Mitstreiter mit ähnlicher Mission gehalten hatte, entpuppte sich als ein fluchender Mitarbeiter. Er wies mich freundlich an, die Pappe daneben zu legen („Nicht hier, da. Scheiße. Nicht dein Problem, ist meins. Scheiße…“). Befreit trat ich den Rückweg an. Leider achtete ich dabei weniger aufs Gelände. Das führte dazu, dass ich mich wohl an einem Hagebuttenstrunk verhedderte und schrankengleich, seitlich in die Rabatten fiel. Die Erde, auf der ich landete, war nicht gefroren, was den Aufprall milderte, aber den Dreck an mir erhöhte. Dennoch kam mir gleich eine besorgte Passantin zur Hilfe: „Sie waren plötzlich verschwunden!“ „Ja, so kam es mir auch vor.“
Ich schreibe es meiner preußischen Disziplin zu, dass ich die Möbel zu Hause trotz Schmerzen im Brustkorb sofort aufbaute. Anschließender Cheesecake zur Belohnung half auch. Eine Ibuprofen in der zweiten Nacht danach erst recht. Umso besser. So kann ich heute wieder frisch ans Werk. Das bekomme ich normalerweise ohne größere Unfälle hin. Wenn mir der Tee gelingt.



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