Montag, 8. August 2022

Safety First

Für alle, die sich sorgten: Ich habe wieder ausreichend Tetanus-Schutz. Sollte man bei all‘ der anderen Impferei schließlich nicht vernachlässigen. Eigentlich war geplant, das Wochenende ganz ins Zeichen der Gartenarbeit zu stellen. Um den Plan effizient zu verwirklichen, hatten wir nicht nur Profi-Werkzeug am Start, sondern auch hohe Standards der Sicherheitsbeauftragten zu erfüllen. Diese besagten, dass ich mit meiner ehernen Regel „Offene Schuhe von Anfang Mai bis Ende September“ brechen musste. „Meine klaustrophoben Füße“ (der Sohn) litten und ich mit ihnen. Anfänglich fand ich die Vorsichtsmaßnahme zudem völlig übertrieben, bestand doch der Rest der Arbeitskleidung aus Shorts und ärmellosen Tops. Später musste ich Abbitte leisten, weil das Wespenaufkommen am Boden so hoch war, dass offene Schuhe einer herzlichen Einladung zum mehrfachen Stechen gleichgekommen wäre. Der marode Apfelbaum ist den Wespen als Tummelplatz nicht nur wegen der reifen, unreifen und faulen Früchte willkommen. Er besticht (!) auch durch leicht abzutragendes Holz für Nestreparaturen. Wir kappten Äste, zerlegten sie zu Brennholz und verarbeiteten alles Restliche in biotonnentaugliche Stücke. Nach einigen Stunden Arbeit war klar, dass uns selbst die anständige Profisäge ebensolchen Muskelkater bescheren würde. Daher sah der Plan vor, bis zum ersten Abend bereits alle Sägearbeiten erledigt zu haben, um am Folgetag nicht in den Schmerz hineinarbeiten zu müssen. Unserer schwindenden Konzentration war zuzuschreiben, dass sich das Sägeblatt am Ende doch noch im Nagelbett meines linken Mittelfingers verfing. Ich gab das abgestochene Schwein, zitierte jedoch aus dem Kriegsroman: „Macht euch keine Gedanken, es ist nur ein Kratzer.“ Obwohl ich wirklich weit entfernt von Amputation oder gar Notschlachtung war, attestierte man mir, ich sei blass geworden. Während ich also auf dem Sofa lag, und mich bemühte, dort fingerbedingt keine Flecken zu hinterlassen, hatte ich Gelegenheit über meinen Impfstatus nachzudenken. Die anschließende Überprüfung meines gelben Heftchens ergab ein deutlich anderes Bild als meine Erinnerung. Auch in diesem Zusammenhang gilt: die Jahre vergehen schneller, als man gedacht hätte. Eine Impfung vor siebzehn Jahren stellt keinen ausreichenden Schutz dar. Es kam demnach zum Beschluss, dem Personal des kleinstädtischen Krankenhauses den Samstagabend des ersten Bundesligaspieltages zu verhageln, um eine Spritze abzugreifen - und wenn man schon mal da ist, auch den kleinen Schnitt professionell verpflastern zu lassen. Gesagt, getan - vorher nur noch schnell anständige Schuhe anziehen. Wenn ich irgendjemand von irgendetwas abgehalten habe, hat es mich niemand spüren lassen. Alle, von der Rezeption bis zur Notaufnahme, waren extrem freundlich. Mein Ansinnen nach einer Tetanusspritze wurde zustimmend quittiert. Positive Überraschung gar über meinen mitgebrachten Impfausweis. Etwas ungläubige Blicke erntete ich lediglich, als ich richtigstellte, dass ich mich nicht wie angenommen mit der Gartenschere verletzt habe, sondern mit einer amtlichen Säge. Bereits vorher war entschieden worden, dass ich noch beim diensthabenden Chirurgen vorstellig werden sollte. Kanonen nach Spatzen fand ich. Besagter Chirurg arabischen Migrationshintergrunds erkundigte sich zunächst, durchaus ehrfürchtig, wer die Pflaster (drei Stück übereinander) verklebt habe. Als ich wahrheitsgemäß, „Meine Mutter.“, sagte,  kommentierte er mit mindestens so viel Ehrfurcht: „Ach, Mutti!“. Um die Wunde als solche mit einem lapidaren „Ist nicht schlimm!“ abzutun. My words exactly. Inkongruent lediglich, dass er mir anschließend eindringlich zum Röntgen riet. Das wiederum brachte wie erwartet nichts zutage. Offenbar wurde beim Impfen stattdessen, dass meine Rechts-Links-Schwäche eine veritable ist, quasi rechts-links-blöd 3.0. Die Frage, ob ich Rechts- oder Linkshänderin sei, konnte ich erst nach längerer Überlegung fehlerfrei beantworten. Das muss man mir erstmal nachmachen.
In den Genuss eines Wespenstichs am Fuß bin ich dennoch gekommen. Zum Frühstück auf der Terrasse erschien ich ohne Schuhe. „Barfuß und blind“ sei eine blöde Kombination, beschied die Gartenarbeitsbegleitung. Wahrscheinlich zu recht.







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