Sonntag, 21. April 2024

Frühling? Demnächst.

Nach Barfußtagen ist es nicht zulässig, wieder in Stiefel und Wintermäntel zurückkehren zu müssen. Mit Kälte könnte ich noch leben - auch wenn es ein herber Rückschritt ist -, doch der anhaltende Regen lässt mich Hamburg als Wohnort überdenken. Genauso wenig zulässig finde ich, in meinem Alter mehr Pickel zu haben als in der Adoleszenz. Mit unausgereiften Gesichtern mögen sie harmonieren, mit Falten ganz sicher nicht. Zugegeben, sie resultieren vermutlich aus Exzessen um Ostern und den Geburtstag herum, aber auch hausgemacht sind sie nicht ansprechender. 
Für die Stimmung wenig zuträglich war meine gestrige Nachmittagsbeschäftigung. Der Sohn befand vorgestern, er habe zu viel Bargeld bei sich. Es handelte sich um 65€. Ich bot ihm an, er könne es mir geben - schließlich besuche ich noch solche Oldschool-Verkaufsstätten wie Märkte - und ich überweise es ihm auf sein Konto. In meiner mütterlichen Sorge konnte ich den Betrag auf 50€ herunterhandeln. Zur Sicherheit 15€ bar in der Tasche zu haben, kann doch nicht schaden. Nach meinem Marktbesuch gestern wollte ich die Überweisung in Angriff nehmen. Dazwischen kam das unsägliche Wetter. Ich musste mich nach kurzer Zeit an Marktständen mit einem Kaffee von Wind im Gesicht und Regengüssen im Nacken aufwärmen. Als ich endlich bei der Postbank ankam, waren dort die Türen vollständig verschlossen. Der „SB-Bereich“ sei sonnabends von 8-13 Uhr geöffnet. Mein Wutschnauben wärmte mich immerhin weiter. Sie wollen mich wirklich zum Online-Banking zwingen. Ich beschloss, nach einem kurzen Pitstop zu Hause (Blumen, Rhabarber, Bärlauch etc. Parken) das Postbank Finanzcenter aufzusuchen. Um dort festzustellen, dass es das nicht mehr gibt. Innerstädtisch gibt es in Hamburg nun offenbar keines mehr. Einen letzten Versuch gab ich ihnen noch, ehe ich mein Konto kündigen wollte. Im Einkaufszentrum, in dem ich letztes Wochenende beim Friseur war, erinnerte ich mich an eine Filiale, von der ich hoffte, dass zumindest der „SB-Bereich“ geöffnet haben könnte. Die gute Nachricht für die Postbank: Es ging, ich bleibe weiter Kundin, wenngleich nur aus Bequemlichkeit, nicht aus Leidenschaft. Wenn ich schon einmal da war, konnte ich aus einem Kiosk noch ein paar Fußballbildchen ziehen. Bargeldlos, versteht sich. Ich gestehe nicht nur die Kartenzahlung sondern auch, dass ich bei dem Wahnsinn wieder mitspiele. Was soll ich machen? Ich freue mich so auf den nächsten Saisonhöhepunkt, der am 14. Juni beginnt. Ehrensache, dass ich auch an anderen Devotionalien nicht vorbeikomme. Was fällt einem schließlich ein, wenn man an Mario Götze denkt? Sicherlich als erstes vegane Bio-Pistazienschnitten. Wie gut nur, dass die Investition von 1,49€ nicht umsonst war, weil die tendenzvegane Freundin des Sohnes alles liebt, das Pistazien enthält. Für Mario Götze wiederum empfindet sie allerdings wenig, vermute ich.



Dienstag, 9. April 2024

Noch mehr Frühling

Wenn Sonntag ist, er seinem Namen Ehre macht und der Besuch abgereist ist, besteht ein weiterer Vorteil der Jahreszeit darin, auf dem Balkon spät und mit Zeitung frühstücken zu können. Die Freude ist umso größer, wenn am Ende wieder Besuch kommt. Und dann auch noch solcher, der auf den ersten Blick die pflanzliche Wurst erkennt und zu goutieren weiß.

Besonders erfreulich, wenn man der Tochter gleich das besondere Foto ihrer Lieblingswurst schickt und sie antwortet: „Ich habe noch nie so ein schönes Bild von einer Fleischwurst gesehen“ Das freut mich so sehr, dass ich sogar über die mangelnde Interpunktion hinwegsehen kann.

Sonntag, 7. April 2024

Frühlingsanfang

Wäre da nicht das aktenkundige Fortschreiten des Alters, könnte meinetwegen häufiger im Jahr Frühling und damit Geburtstag sein. Beschert diese Zeit doch erste Outdoor-Momente (wenngleich nicht an meinem Geburtstag), viele nette Gäste, Geschenke und wunderschöne Blumen - drinnen wie draußen. Die Vorteile überwiegen gegenüber einem klitzekleinen Nachteil: Zu viel Essen. So wird es garantiert nichts mit der Bikinifigur. On the wrong side of fifty vielleicht ohnehin nicht mehr allzu erstrebenswert? Als Tochter meines Vaters hatte ich Sorge, die kulinarische Versorgung meiner Feier könnte unzureichend sein. Der Sohn unterstützte mich in der Vorbereitung zusätzlich mit leckeren Dips und der Berechnung, wie große Quiche-Anteile pro Person aus meinem Backwerk resultieren. Wie immer hatte er recht - und ich jede Menge Reste. Mit deren Vernichtung ich unterdessen allerdings alleine gelassen wurde. Doch was ist galoppierendes Übergewicht gegen „wiesig gebundene“ Blumensträuße? Gar nichts. Ich wäre demnächst bereit für den nächsten Geburtstag.



Mittwoch, 3. April 2024

Feiertage

Dass Ostern vorbei ist, merke ich vor allem an der Spülmaschine. Sie läuft unterdessen nur noch ein- bis zweimal die Woche und nicht ein- bis zweimal am Tag. Ansonsten graut das Wetter weiter vor sich hin. Früh Aufstehen musste ich auch über die Feiertage, schließlich hat man uns kürzlich eine Stunde Freizeit geklaut. Eine Stunde weniger Schlaf ist übrigens das einzige Argument, das ich akzeptiere, wenn es um Irritationen durch Zeitumstellung geht. Bei allen anderen Malessen, die angeblich durch das riesige Durcheinander hervorgerufen werden, vermute ich Absicht. 
Die große Menge Abwasch resultierte nicht aus meinen kulinarischen Anstrengungen. Die beschränkten sich auf Frühstück und Eierkochen mit anschließendem Färben. Erstmalig habe ich es geschafft, dass sich mehr Farbe an den Eiern als an Fingern und Küche befand. Ich hatte Besuch - und passenderweise viel Platz. Die Brut befand sich in Wien. Während sie dort die Stadt erkundete, konnte ich Sightseeing in der Wahlheimat betreiben. Endlich war ich beispielsweise mal auf dem Bunker in Wilhelmsburg und konnte den spektakulären Blick bewundern, den es gegeben hätte, wäre das Grau gewichen. Außerdem waren die vielen Kilometer, die wir zu Fuß zurücklegten, bestimmt gut für die körperliche Gesundheit. Ein weiterer Unterschied zum Alltagsmodus. 
Nun ist der Spaß vorbei. Die Arbeit hat mich wieder. Allerdings bin ich manchmal abgelenkt. Nach dem Saisonhöhepunkt ist vor dem Saisonhöhepunkt. Oder eben manchmal umgekehrt. In meiner Zeitrechnung ist nur die Frage, ob Ostern vor meinem Geburtstag liegt oder danach. Diesmal davor, was bedeutet, ich muss mich um die Organisation des Tages kümmern. Wenn vollmundige Einladung auf Planlosigkeit trifft. Egal, bis Freitag ist noch lange hin! Ist doch erst Die… ach, nein… Mittwoch.
Wenigstens weiß ich nun, dass „Wien die schönste deutschsprachige Stadt“ sei, alles dort „ur-leiwand“ war, und mir semantische Finessen des Österreichischen dargebracht wurden, weil der Sohn nach vier Tagen dort das Idiom perfekt beherrscht. Mal hören, wie viel Schmäh über meine Geburtstagsfeier ergehen wird.



Mittwoch, 20. März 2024

BKS

In meinem Wunsch, die Hintergründe des hiesigen Brauchtums zu erkunden, stieß ich bei Wikipedia auf meine neue Lieblingsvokabel. Blitzknallsatz oder auch BKS - wie die Profis sagen, zu denen ich mich auch gerne zählte. Bis zu 120 kg Blitzknallsatz dürfen in Valencia anlässlich der Fallas täglich um 14 Uhr eingesetzt werden. Eine Woche lang Feuerwerk tagsüber, man muss wohl hineingeboren sein, um das zu goutieren. Um die Zahl besser einordnen zu können: Eine handelsübliche Knallerbse hat einen BKS von 2,5 mg. Wenn ich mich nicht wie üblich mit den Dimensionen verhaue, müssten 120 kg pro Tag 48 Millionen Knallerbsen entsprechen. Bei der Gewichtsangabe handelt es sich, wenn ich es richtig verstanden habe, um die Menge Kaliumperchlorat und Aluminium, die - wie jeder Mensch weiß - unter entsprechendem Getöse zu Kaliumchlorid und Aluminiumoxid reagieren. Natürlich beschränkt sich die Knallerei nicht auf Valencia. Jeder Ort in der Region knallt täglich herum, nur eben nicht mit einem ebenso hohen Blitzknallsatz. Hatte ich erwähnt, dass mir das Wort gefällt? Neben den Effektsätzen gibt es übrigens auch andere schöne wie den Trennsatz, Verzögerungssatz, Rauchsatz oder Nebelsatz. Gestern jedenfalls kulminierten die Feierlichkeiten zu San José (Feiertag, Ehrensache!). Warum man Josef, dem mit Jesus ein Kind untergejubelt wurde, als Schutzpatron des Vatertags gewählt hat, muss sich mir nicht erschließen. Ich freue mich einfach daran, dass hier keine sturztrunkenen Vätergruppen mit Bollerwagen durch die Gegend marodieren, sondern stattdessen alle Menschen, bevorzugt Männer und Kinder, böllern. Ein Gutes hat allerdings die deutsche Vatertagssitte: Sie bringt vergleichsweise wenig Nebelsatz mit sich. Ich weiß jedenfalls, warum ich abgesehen von semantischen Nebeneffekten kein großes Interesse an Brauchtum habe. Wenn man nicht mehr das Meer sehen kann, hört der Spaß auf.



Freitag, 15. März 2024

Inicio de temporada

Heute sind zum ersten Mal in diesem Jahr die grünen Fahnen geflaggt. Seit die Saison begonnen hat, kommt einem das Wasser wärmer vor als die 15°, die es eigentlich hat. Plötzlich ist es auch für Einheimische statthaft, Zeit am Strand zu verbringen. Schließlich kann man ab 14:30 Uhr von dort aus zum Mittagessen in Restaurants gehen. Sind sie doch ab dem Nachmittag wieder geöffnet, nachdem die hiesigen Straßen am Vormittag mit Lieferanten aller Gewerke voll waren. Es ist eine Freude und Ehre an der Saisoneröffnung teilnehmen zu dürfen. Alle kriechen aus ihren Löchern, der unwirtliche Winter (haha!) ist vorbei. Alle liegen sich in den Armen. Selbst wir erarbeiten uns Hochachtung ob der Weinmengen, die wir anlässlich der diesjährigen Premiere konsumiert haben. Die ausgelassene Stimmung geht so weit, dass ich auf dem Ausnüchterungsspaziergang angesprochen werde, man finde mich „cute“ und wolle sich mit mir treffen. So viel Wein hatte ich nicht, dass ich zusagte. Freue ich mich doch lieber für mich alleine (die Reisebegleitungen machen lieber Siesta), dass die Aborigines mich für sommerlich gebräunt halten. Nur im hintersten Bereich meines Kopfes irrlichtert die Herausforderung, sich irgendwann wieder auf deutsche Zeitrechnung einstellen zu müssen. Lösen wir später. Mañana noch nicht.

(Wieder mal bumsvoll)

Dienstag, 12. März 2024

Fachkräftemangel

Meine Fähigkeit, leidlich gut Nettoreichweiten zu prognostizieren, wird unterdessen sekundiert durch die, den Benzinverbrauch - wie jetzt auf der Westeuropatournee - abzuschätzen. Gestern antizipierte ich vor dem Tanken einen Verbrauch von 60 Litern. Und was soll ich sagen? Die Anzeige der Zapfsäule zeigte 59,99 l an (bei festgestelltem Einfüllstutzen, sonst wäre es nicht zu dem Schnitzer mit dem einen Milliliter gekommen). Seit diesem Erfolgserlebnis überlege ich krampfhaft, welchen Einfluss die beiden Kernkompetenzen auf meinen Karrieresprung hatten. War ich bei der letzten Bundestagswahl noch eine von vielen, die in den Messehallen Briefwahlstimmen auszählte, soll ich wegen dieser Vorerfahrung bei der kommenden Europawahl nun zur Wahlbezirksleiterin aufsteigen. Wahrscheinlich sollte ich mir die Frage gar nicht stellen und mir erst recht nichts darauf einbilden. Der Fachkräftemangel ist inzwischen sicherlich auch in der Wahlhelferbranche angekommen.