Dienstag, 7. November 2023

Goldener Herbst?

Was soll man an diesen Zeiten mögen? Ganz abgesehen vom Weltpolitischen wäre ich bereit für einen mindestens viermonatigen Winterschlaf.
Ja, irgendwelche Blätter färben sich bunt. Wenn sie nass und platt auf Gehwegen und Straßen liegen, sind sie ungefähr so attraktiv wie eine entsprechende Anzahl bunter Kaubonbonpapiere. Vor allem, weil sie sich im feuchten Zustand nicht ohne Mühe wegfegen lassen.
Ab und an gibt es trockene Momente mit Flecken blauen Himmels. Die soll man dann überschwänglich als schönste Jahreszeit feiern. Doch ganz ehrlich: Das hiesige Balkonkraftwerk liefert seit Anfang Oktober nichts mehr. Rien, nada, niente. Und wenn es so schön wäre, warum muss ich dann von morgens bis abends Licht anhaben? Komme mir jetzt niemand mit: „Kerzen sind doch so gemütlich!“. Was an Adventskranz und Tannenbaum stimmt, muss am Arbeitsplatz noch lange nicht richtig sein; vielleicht ist es sogar gefährlich.
Zugegeben, es gibt Lichtblicke wie das Wochenende. Doch die gibt es zu anderen Jahreszeiten auch. Und kann dort mit ihnen eventuell mehr anfangen, als im Schummerlicht die Steuererklärung fertigzustellen oder Laub zu fegen (besser: glitschige rot-braun-gelbe Masse zu verschieben). Bei der Gelegenheit: neben denen an der Hand existieren die Blasen an meinen Füßen, hervorgerufen durch unmenschliche, geschlossene Schuhe, noch immer.
Ein Trost sind die vielen schönen Bücher, die um diese Jahreszeit erscheinen. Doch Lesen geht in der warmen Sonne viel besser als in Decken gehüllt. Sie brauchen kein tristes Grau im Hintergrund. Meine Meinung. Blöd außerdem, wenn das schöne Buch nach fast tausend Seiten plötzlich und unerwartet ausgelesen ist. Das kann schon mal ein tiefes Tal bedeuten.
Wahrscheinlich muss auch der Feiertag am Reformationstag aka Halloween als ein Herbst-Highlight herhalten. Ich feiere ihn allein deswegen, weil seit seiner Einführung keine Abendschüler mehr an meiner Wohnung vorbei marodieren, um unsere Fenster mit Eiern zu bewerfen. Da nehme ich gerne in Kauf, am 31.10. am U-Bahn-Kiosk hoffnungslos überteuerte Kaubonbons erstehen zu müssen, um sie an vorbeiziehende Kinder verteilen zu können. Hätte mir schließlich früher einfallen können.
Vermutlich liegt der Abgabetermin für die Steuererklärung nur deswegen in trüber Jahreszeit, um etwas Stimmungsaufhellendes zu haben, wenn man sie endlich geschafft hat. Psychologie, so wichtig.
Neben dieser Erkenntnis bringt mir der Herbst noch eine weitere: Die Attraktivität von Laubpustern liegt darin begründet, dass man von ihrer Betätigung keine Blasen an den Händen bekommt. Somit war und ist die Herbsttristesse doch nicht umsonst.

(Sie nennen es Fachliteratur - Von der Steuer absetzen?)


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