Oft wettere (!) ich über diese Jahreszeit. Der Herbst und ich, wir werden wohl nie beste Freunde werden. Und doch hat auch diese Zeit ihre Vorteile. Gestern konnte ich beispielsweise eine Stunde verschlafen, ohne es an der Helligkeit zu bemerken oder gar durch sie um den Schlaf gebracht zu werden. Im Sommer könnte das nicht passieren. Im Winter allerdings erst recht. Exklusiv kann der Herbst jedoch für sich verbuchen, ein - zumeist regnerisches - Wochenende mit 49 Stunden zu haben. Auch da ergibt sich eine Stunde länger im Bett. Einen weiteren positiven Herbsteffekt erlebte ich letzthin: Auf dem Arbeitsweg pustete der Wind die abgefallenen, bunten Blätter über den Boden. In ihnen befand sich ein saisonal passend gefärbter Zehn-Euro-Schein, der lustig vorbeigezogen wäre, hätte ich nicht reaktionsschnell meinen geschlossenen Schuh (!) auf ihn gestellt. So landete er in meiner Hosentasche. Das kann man wirklich nur im Herbst erleben - solange es noch Bargeld gibt.
Donnerstag, 23. Oktober 2025
Donnerstag, 9. Oktober 2025
Nachlese
Es gibt viele Nachteile einer Rückkehr in norddeutsche Herbsttristesse, wenn die gut zwei Wochen Hochsommer im Süden noch hätten anhalten können. Ich möchte gar nicht mit dem frühen Aufstehen anfangen. Oder erst recht nicht wieder mit den Strümpfen und geschlossenen Schuhen, die ich ein knappes halbes Jahr nicht vermisst habe. Allein die Rückkehr selbst reicht für Trübsal. Hinter einer einigermaßen braun gebrannten Fassade sieht niemand, wenn mein Kreislauf und ich nicht am selben Ort weilen (er wollte vermutlich im Süden bleiben - recht hat er!). Nach Wochen der Frischluft machte mir der Aufenthalt im Flugzeug zu schaffen. Füße hochlegen, nicht möglich. Ich war kurz davor, mich auf den Gangboden zu legen, weil Sitzen mich vollständig überforderte. Als ich die Spucktüte der Sitznachbarin bekam, hatte ich etwas zum Festhalten. Sicherheit, so wichtig. Mit ein paar Schluck Wasser ging es etwas besser. Nach Schweißausbruch und anschließendem Zittern siegte endlich die Preußin in mir. Nur aufs Atmen konzentrieren und eben nicht die ungenutzte Lieblingsfrage rufen: „Ist ein Arzt an Bord?“ Endlich im Herbst angekommen - und sogar in Bestzeit mit Koffern ausgestattet, stellte sich die Frage S-Bahn oder Taxi nicht. Hätte man wissen können, dass der Fahrer erstens das Navi nicht unter Kontrolle bekam (es stellte sich in der 15-Sekunden-Rotation lautstark vor und blökte anschließend immer nach einem Neustart) und zweitens den Weg nicht kannte? Er musste dirigiert werden. Das allein wäre noch in Ordnung gewesen, aber er verstand nicht, dass sich die Richtungsanweisungen nicht auf das Navi-Display bezogen sondern auf den Fahrtweg. Gegebenenfalls wäre die S-Bahn doch die sicherere Alternative gewesen. Irgendwann schafften wir es am Ende, unfallfrei nach Hause zu kommen. Dort stellte auch die Tochter fest, ich sei sehr braun geworden. Verstand aber sofort, dass mit mir nichts los war. Sie war die Fürsorge in Person, kochte Tee, zündete Kerzen an, gab mir eine Decke und brachte mir ein belegtes Brot. Es gibt auch Vorteile in der Heimat.