Freitag, 10. Mai 2019
Ins Wasser gefallen
Aus meinem Beauty- und Wellnessabend wurde nichts Richtiges. Als ich nach einem relativ langen Arbeitstag nach Hause kam, fand ich den Sohn missmutig vor. Wenn es nur der Unmut über fehlendes, „leckeres Essen“ gewesen wäre, hätte ich es als jugendlichen Klangteppich geübt ausblenden können. In diese Art der Frustration mischte sich jedoch der Ärger über seine (selbst) vergurkte Frisur. Um sich endlich wieder ohne Cap, Bandana oder Schlumpfdecke (kein Witz!) aus dem Haus trauen zu können, versuchte er mich für die Korrektur zu gewinnen. Eigentlich hatte ich bereits Dienstagabend abgelehnt. Doch gestern kam er mit neuen Argumenten: er könne erst duschen, wenn die Haare nachgeschnitten seien. Ein geschickter Schachzug, spekulierte ich doch auf baldigen Zugang zur Badewanne. So stand ich also - unter genervtem Murren, noch im „kleinen Grünen“ (der Chef) - mit dem Sohn im Badezimmer und versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war. Es war nicht hilfreich, dass er vorher die Haarschere zerstört hatte (aus Wut?), denn der Haarschneider und ich lebten bisher nicht im gleichen Sonnensystem. Erschwerend kam hinzu, dass ich abgekämpft und hungrig war. Dennoch drückte er mir die Maschine in die Hand, die ich pflichtschuldig über seinen Hinterkopf gleiten ließ. Nichts passierte. Ich hatte ihm vorher noch das Versprechen abgenommen, er müsse sich um die Haarentfernung aus dem Bad kümmern, und zwar anständig! Jetzt produzierte ich kein einziges abgeschnittenes Haar. Ich fing an, den Haarschneider zu analysieren. Und verstand, die Einstellung „16 mm“ erreicht den Kopf bzw. die Haare gar nicht. Mein Vorschlag, das Gerät auf 4 mm einzustellen, rief beim Sohn Panik hervor. Aufsatzlose Haarschnitte haben beim Sohn wohl Traumata ausgelöst. Unversöhnlich quakten wir uns an. Es endete damit, dass ich entnervt eine Schere aus der Küche holte und mich damit ans Werk machte. Ich bleibe beim Slogan meiner Kindheit und Jugend: „Was Friseure können, können nur Friseure.“ Das Ergebnis meiner Bemühungen verringerte zwar die Auffälligkeit der hellen Kurzhaarzonen, jedoch um den Preis von vielen Rillen im Gesamtbild. Ein frustrierter Sohn fegte seine Haare weg, eine frustrierte Mutter zog sich zurück. Immerhin, ein wenig Wellness brachte der Abend doch noch: als ich das Kleid gegen einen Onsy ersetzt hatte, wurde es wenigstens gemütlich.
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