Mittwoch, 20. November 2024

Jetzt aber ernsthaft

Manchmal überrasche ich mich selbst. Als ich gestern Abend nach Hause kam und noch nicht müde genug fürs Bett war, habe ich den zweiten Adventskalender fertig gestellt. Nach getaner Arbeit war ich zwar stolz auf mich, aber weiterhin entfernt vom Einschlafen. Dann eben im Bett lesen. Deutlich nach Mitternacht legte ich pflichtschuldig das Buch weg. Anschließend hätte ich einmal durch die gesamte Wohnung saugen (nicht möglich, ohne die Nachbarn zu stören) und feucht wischen (nicht möglich, weil mein guter Freund, der Zentrifugalwischmob kaputt ist) können. Für die Steuererklärung fehlte mir die Konzentration. Ähnlich verlief der Rest der Nacht. Die gute Nachricht: Jetzt ist wieder alles normal, ich bin müde.



Dienstag, 19. November 2024

Plötzlich Winter

Bisher schob ich jedes Jahr am 30. November/1. Dezember eine Nachtschicht, um den Adventskalender für die Brut fristgerecht fertig zu stellen. Selbst als nur noch 24 Beutelchen für ein Kind aufzuhängen waren, blieb es bei diesem Ritual. Kaum dass alle ausgezogen sind, klappt es bereits Mitte November. Gestern Abend der erste für den Export nach Berlin, demnächst dann auch der zweite, den lediglich eine Überführung auf die Veddel erwartet. Während ich einerseits stolz auf mein Zeitmanagement bin, frage ich mich andererseits, warum ich diese Saison so früh dran bin. Eventuell habe ich mehr Zeit, weil ich weniger mit Wegräumen und Essenbeschaffung verbringe? Vielleicht bin ich nach vielen Jahren Erfahrung unterdessen besser organisiert? Oder liegt es daran, dass ich mich nicht um die Installation kümmern muss (bloßes In-Beutel-Stecken und In-Die-Gewünschte-Reihenfolge-Bringen ist weniger aufwändig)? Es wird vermutlich ein ewiges Mysterium bleiben. In der gewonnenen Zeit kann ich mehr arbeiten und mir parallel überlegen, welche Weihnachtsdekoration ich dem erstmals kahlen Treppengeländer angedeihen lasse. Und erziele am Ende netto keinen Gewinn.



Dienstag, 12. November 2024

Dunkel

Die Jahreszeit kann nichts. Keine neue Erkenntnis - und von mir aus Gründen schon mehrfach, geradezu regelmäßig, vorgebracht. Und doch schafft sie ein paar Highlights. Ich meine nicht Kürbisse oder Gemütlichkeit. Beim Laubfegen konnte ich beispielsweise den Parkplatz der Nachbarn aussparen, die mich nicht grüßen (beziehungsweise meinen Gruß nicht erwidern). Kindisches Verhalten meinerseits, ich weiß, aber verschaffte mir dennoch eine wärmende Genugtuung. Zumindest bis zu dem Moment, als der Nachbar sein Auto wieder auf den Platz stellte und mein Kunstwerk nicht mehr zu sehen war. Ohne fallende Blätter jedenfalls wäre das Spielchen nicht möglich gewesen. Dann wären mir allerdings auch der leichte Nieselregen und die zwischen dem Laub platzierten Kackhaufen und benutzten Kondome erspart geblieben.
Mit dem Online Banking geht es mir ähnlich wie mit dem Herbst. Vollkommen klar, dass es/er sich nicht umgehen lässt, ich will es/ihn trotzdem nicht. Beide lassen mich spüren, dass sie mit mir mindestens genauso wenig anfangen können wie ich mit ihnen. Jeder meiner Versuche mit dem Online Banking endet in einer weiteren Episode aus „Mein Leben im Zirkelbezug“. Um mich registrieren zu können, brauche ich eine TAN, um eine TAN zu erhalten, muss ich meine Telefonnummer in der Registrierung hinterlegen. Und immer so weiter. Ich frage mich wirklich, wie andere Menschen diese Hürden nehmen. Wenn irgendwann die letzte echte Filiale der letzten Bank schließt, werde ich wohl oder übel dazu übergehen müssen, meine Golddukaten im Sparstrumpf unter der Matratze zu deponieren. Bis dahin werden hoffentlich noch einige Herbste vergehen.




Donnerstag, 31. Oktober 2024

No Risk, No Fun

Umständehalber musste ich mich auf den Weg in den Süden machen. Das gestrandete Auto sollte nun nach knapp sechs Wochen schon fertig repariert sein. Obwohl es sich irgendwo in der Einöde Frankreichs befindet, führte mich der Weg zunächst einmal nach Valencia, denn dort befand sich der Leihwagen, der die einzige Möglichkeit war, uns vor einigen Wochen aus dem französischen Nirgendwo zu holen. Der jedoch irgendwann auch wieder ins Department 46 zurück musste, wenn der Bon vierstellig bleiben sollte.
Der ungeplante Ausflug war klimatisch zwar nicht die erhoffte Offenbarung, brachte aber zumindest eine Mittagspause in den tobenden Fluten mit sich. Hätte man außerhalb der Saison Interesse an Baywatch, wäre mit Sicherheit die rote Fahne gehisst worden. So konnte ich ungestört in die meterhohen Wellen. Am Tag danach (und davor) war es bei uns ausschließlich herbstlich. Das Mittelmeer erinnerte an die Nordsee, und war dafür überraschend lange zu sehen. Begleitet wurde der blanke Hans standesgemäß von anständig Wind und Regen. Doch zum Glück blieb unser Ort von Schlimmerem verschont. Wir wunderten uns eher über die ständigen spanischen Warnmeldungen auf unseren Telefonen. Erst am Folgetag, als wir unseren Weg in Richtung Frankreich antreten wollten, wurde uns das ganze Grauen bewusst. An einer Stelle senkrecht weggebrochener Boden, der fünf Meter in die Tiefe führt, an der anderen trockener Boden. Auf der einen Seite geflutete Felder, auf der anderen die übliche Herbsttrockenheit. Gesperrte Straßen, voll mit Schlamm, Palmenresten und Schilf, zusammengebrochene Telefonnetze, vom Internet ganz zu schweigen. Alles erinnerte an Element of Crimes „Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“. Für den Teil, der normalerweise maximal eine Stunde braucht, waren wir vier Stunden unterwegs. Und am Ende doch dankbar, dass unser einziges Problem darin bestand, zu spät fürs Abendessen in Frankreich anzukommen.
Unwirklich, dass nach all dem Regen heute in Frankreich die Sonne schien. Noch unwirklicher, dass das Auto repariert war. Laut dem freundlichen Mechaniker war das Getriebe wirklich platt, aber jetzt wieder bestens hergestellt. Freundliche Konversation, Übergabe, Bezahlung und Abfahrt waren am Ende in weniger als einer Viertelstunde erledigt. Etwas weniger schnell ging anschließend jedoch die Abgabe des Mietwagens vonstatten. Das freundliche Personal verstand sich eher auf Autos als auf Tarifberechnung. Die unglaublich hohen Beträge mussten erst am Computer, dann am Smartphone und finalement am Taschenrechner überprüft werden. Um zuletzt im Plenum diskutiert zu werden. Während man in Villeneuve noch debattierte, hatte Neustadt - ganz sales boches - den horrenden Betrag bereits abgezählt. Mit Zeitverzug ging es weiter, zumal bestens gelaunt wegen des unverhofften Autotauschs und des vertrauten Gefährts. Nichts geht doch darüber, am Ende eines erfolgreichen Tages in sein großes Bett zu fallen.



Montag, 21. Oktober 2024

Community Payback

Es scheint ungerecht. Diejenigen, die ständig missionieren, der Herbst sei die schönste Jahreszeit, das goldene Laub und so, sind nie diejenigen, die die ach so bunten Blätter wegfegen. Meiner Individualempirie zufolge sind es stattdessen immer die, die berechtigte Vorbehalte gegen die aktuelle Saison haben. Dass ich jetzt an der Hand eine Blase vom Fegen habe, verbessert die Situation nicht. Und das, obwohl ich gestern von Anfang an Handschuhe zur Prävention trug. Wahrscheinlich war es nicht allzu klug, sich direkt nach dem Besuch der Alsterschwimmhalle an den Besen zu begeben, als die Haut noch ein wenig aufgeweicht war. Doch was will man machen, wenn es dabei nicht stockfinster sein soll? Ein weiterer Grund, dem Herbst nicht gewogen zu sein: die frühe Dunkelheit. Nachts sind alle Blätter grau. Und der Rückschritt „Umstellen auf Winterzeit“ folgt erst. 
Natürlich gab es in letzter Zeit auch überraschend schöne Erlebnisse. Den Antrittsbesuch in der neuen Wohnung der Tochter, einem Hotspot für Trainspotter (das war für mich allerdings nicht das Highlight), oder den ersten Probelauf mit dem neu erworbenen Staubsauger. Leistung und Licht machen den Wohnungsputz zu einem Reinigungserlebnis. Leider offenbart die Beleuchtung nun erst recht die untragbaren Hygienezustände in meiner Wohnung. Doch das Beste: Die vergleichsweise hohen Temperaturen bescherten mir noch ein paar Zusatztage in offenen Schuhen. An den Füßen immerhin keine Blasen.



Montag, 14. Oktober 2024

Ach, Herbst

Richtig zu Hause angekommen ist man erst, wenn man wieder bei den Glascontainerleerungen in Dunkelheit zugegen war (natürlich vor 7 Uhr). Egal, wie viel Arbeit und Geburtstagstisch-Improvisation voranging. Vergleichsweise spontan wurde mir mitgeteilt, an seinem Ehrentag werde der Sohn sich ebendiese in Hamburg geben. Es war schön, ein volles Haus zu haben. Weniger schön hingegen ist es, sich an die hiesigen Verhältnisse zu gewöhnen. Im Sommer in Deutschland abzureisen und im Herbst anzukommen, macht die Rückkehr nicht leichter. Allein meine Füße nach gut sechsmonatiger Pause an geschlossene Schuhe zu gewöhnen, könnte als Vollzeit-Job durchgehen. Gut durchdacht war immerhin, sich zum Einstieg in Herbst und Arbeit keine volle Woche zu geben. Nach einer halben Woche Kälte, Dunkelheit, angezählter Bäume und Aufenthalt in geschlossenen Räumen ohne Meer war ein Wochenende dringend erforderlich; wenngleich dieses ebenfalls in unzureichenden klimatischen Bedingungen verbracht werden musste. Und doch gab es auch hier positive Highlights. Mein einzig zitierfähiges von diesem Wochenende war der Satz: „Seit dem Osterpreisskat 1981 hatte ich keinen Korn mehr.“ Als ich ihn in meiner Begeisterung der Tochter zutrug, schrieb sie zurück: „Er hat einige Jahrzehnte gute Kornmischgetränke verpasst. Das muss dringend nachgeholt werden!“ Vermutlich liegt in solchen Programmpunkten der Charme dieser Jahreszeit.



Sonntag, 6. Oktober 2024

Wirtschaft

Im Traum war mir, als käme der Radau aus der Pilz-&Pils-Gaststätte, die mein Cousin und seine Frau irgendwo im Wald betrieben. Im Aufwachen freute ich mich sehr über das gastronomische Konzept bzw. den Namen, musste aber feststellen, in Wirklichkeit kam der Krach vom sonnabendlichen Vorfinale der hiesigen Strandsaison. Aus dem Club gegenüber, besser gesagt dem, was sich vor dessen Tür abspielte. Hauptverantwortliche schien Paola zu sein. Immer wieder kurios, dass die zumeist sonoren und etwas rostigen Frauenstimmen unter Alkoholkonsum nicht nur deutlich lauter, sondern auch merklich hochfrequenter werden. Außerdem klingen Dialoge zwischen zwei bis vier Personen nach einer mindestens zweistelligen Gruppe und immer nach intensiven Streitgesprächen. Um bei bestätigten Vorurteilen zu bleiben: Was den Männern an kieksigen Stimmen fehlt, machen sie mit Motorengeräuschen wett, unbedingt flankiert durch quietschende Reifen und, wenn es keine Motorräder sind, auch durch Türenknallen. In Sachen Schlaf war die heutige Nacht sicherlich keine Erfolgsgeschichte - und doch bin ich betrübt, das spanische Saisonfinale in der herbstlichen Stille der voraussichtlich nebligen Hansestadt verbringen zu müssen.