Sonntag, 31. Juli 2022

Spielbilanz

Um es gleich vorneweg zu schicken: an und lag es nicht. Die hiesige Lily Braun-Arena war gerüstet und geflaggt. Auch das Gebot, am Sonntag auf Alkohol zu verzichten, um zu Beginn der Folgewoche keine Ausfallerscheinungen zu verzeichnen, hoben wir  - heroisch hart gegen uns selbst - auf. Wenn es der Sache dient! Auch wiesen wir alle potentiellen Claquere darauf hin, dass es zu spät sei, gegen 20 Uhr den Fernseher einzuschalten, wenn doch schon um 18 Uhr der Anpfiff erfolge. Warum der Sieg am Ende nicht gelang, wird ein ewiges Mysterium bleiben, doch an uns lag es garantiert nicht.



Sonntag, 24. Juli 2022

Wochenende aufgebraucht

Es wäre ein wunderbarer Sommerabend, hinge nich bereits das Pensum der nächsten Arbeitswoche in der Luft. Und bestände meine Balkongesellschaft nicht ausschließlich aus trocknender Wäsche und brummenden Insekten. Nichts gegen die vielen Bienen und Hummeln, die mich hier besuchen, doch eine rechte Konversation will nicht aufkommen. Es liegt an mir, ich weiß. Ich spreche ihre Sprache einfach nicht. Der Sohn ist zwar unterdessen von seiner erweiterten Reds-Groupie-Reise wohlbehalten aus Leipzig zurückgekehrt, hat seine schönsten Erlebnisse mit den Einheimischen in perfektem landestypischen Idiom komödiantisch wiedergegeben, sich anschließend jedoch in seine dunkle Räuberhöhle zurückgezogen. Balkon ist ohnehin nicht so seins. Immerhin bemerkte er, ich sei in seiner Abwesenheit ganz schön braun geworden. Das ist diese Sonne, mein Junge. Ab und zu sollte ich zur weiteren Steigerung der Stimmungslage einfach einen Blick in mein Schlafzimmer werfen: ungenutzt überzeugt mich mein Arbeitsplatz.



Dienstag, 19. Juli 2022

Next Level

So viele Unterschiede gibt es unterdessen nicht mehr. Sommer ist hier in der Stadt ebenso, nicht nur in der ländlichen Einsamkeit. Waldbrandgefahr ist nun auch für den hiesigen Norden ausgerufen. Um nicht von der lieb gewonnenen Tradition der Mittagspause auf dem Balkon Abstand nehmen zu müssen, habe ich heute die nächste Sommerstufe gezündet und den Sonnenschirm installiert, der seit dem letzten Sommer, damals allerdings praktisch nie benötigt, ein tristes Dasein im dunklen Schrank fristete. Der Aufbau soll die einzige Bewegung des Tages bleiben. Das unterscheidet den Tagesablauf als einziges vom Urlaub. Zwölf Stunden Arbeit als trennendes Merkmal kann ich ohne Probleme ausblenden.



Mittwoch, 13. Juli 2022

Hinterher

Wenn der Post-Vacation-Blues weiter anhält, muss ich das Konzept Urlaub überdenken. In dem Fall könnten sich selbst drei freie Tage in der Sommerferienzeit als zu viel fürs innere Gleichgewicht erwiesen haben. Auch heute Abend wünsche ich mich noch sehr in die brandenburgische Einöde zurück. Da kann auf dem Nachbarbalkon ein gar nicht mal unattraktiver Mann noch so lautstark und klangvoll italienisch sprechen. Hilft  nur bedingt gegen Trübsal.



Dienstag, 12. Juli 2022

Katzenjammer

Da ich nun nicht mehr da bin, wo sich Hase und Igel Gute Nacht sagen sondern da, wo es Polizist und Penner tun, bin ich betrübt. Time flies when you're having fun. Vor allem, wenn es nur fünf Tage sind. Und wer wäre nicht wehmütig, wenn er gestern noch an der Perle der Prignitz aka Perleberg weilen durfte und heute zurück im Alltag ist? Aus der Region habe ich nun nicht nur schöne Erlebnisse und viele Kontakte zu diversen, mir zum Teil unbekannten Tieren mitgenommen. Nein, auch eine pfiffige Geschäftsidee: Anbieterin für Soziophoben-Reisen zu werden. In der Prignitz kann man tagelang unterwegs sein, ohne einen Menschen zu treffen oder kommunizieren zu müssen. Gut, wenn man dann in die Fänge eines Brandenburgers oder einer Brandenburgerin gerät, wünscht man sich nach Mecklenburg-Vorpommern, aber das passiert zum Glück selten. Online-Buchung der Reise, in schalldichten Einzelkabinen eines Busses, Übernachtung in freistehenden, einzelnen Ferienwohnungen, Bezahlung via Paypal. Weniger Kontakt geht kaum. Wenn das Geschäftsmodell Früchte trägt (keine Frage!), diversifiziere ich nach Skandinavien.









Sonntag, 10. Juli 2022

Von wegen

Vorher wurde ich oftmals kritisiert, wenn ich ankündigte, in die Einöde Brandenburgs verreisen zu wollen. Heute kann ich sagen: Meine Prognosefähigkeit ist ungetrübt. Es gibt sehr viel schöne Natur, viele Pflanzen und Tiere - manchmal sogar Menschen. Nähert man sich jedoch zivilisatorischen Errungenschaften wie Einzelhandel oder Gastronomie, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass diese geschlossen sein werden. Nicht ausschließlich wegen dieses neuen Personalmangels, sondern vielleicht der Planwirtschaft folgend. Nie wird sich mir erschließen, warum Ausflugslokale am Sonntag Ruhetag haben. Aber damit rechnen diese Besserwessis wie ich bloß!







Samstag, 9. Juli 2022

Hier bin ich!

Die Bahn hatte etwas gegen den ordnungsgemäßen Start meiner Sommerferien. Dass der Urlaub wegen eines längeren Jobs am Donnerstagabend später begann - Schwamm drüber. Aber da eine Zugreise mit Fahrrad wirklich nur angenehm wird, wenn man den reservierten Zug erreicht und dieser auch einigermaßen pünktlich verkehrt, barg der Beginn der Sommerfrische Fehlstartpotential. Doch kein Problem für Hartholzmenschen wie mich. Zumal im tschechischen Eurocity eine tatkräftige DB-Angestellte aus Dresden - Typ Mittelschwergewichtringerin - für meine Radunterbringung zuständig war. „Wohten Se, ich helf Ähnen mit däm Fohrohd!“ Ich hätte gerne weiter ihrem Sächseln gelauscht, wurde jedoch bestimmt auf einen echten Sitzplatz verwiesen. Dort tummelte sich halb Dänemark, um zum Rave an der Goldelse zu kommen. Irgendwann kam ich doch in Wittenberge an. Der Sohn fragte mich im Vorfeld, ob man hier norddeutsch oder berlin-brandenburgisch spreche. Seit gestern weiß ich, dass meine Vermutung stimmt. Man wird beim Bäcker mit „Tach schön!“ begrüßt und bekommt vom Evelyn Hamann-Lookalike hinter der Theke ungefragt den Türcode „Öllfviaunddreißisch“ durchgegeben.
Natur ist zahlreich vertreten, Straßenschilder eher nicht so. Einer großstädtischen Orientierungs-Legasthenikerin wie mir kann das zum Verhängnis werden. Gut nur, dass es hier auch nicht viele Straßen gibt, die mich vor die Wahl stellen könnten. Ein wahres Ornithologen-Paradies präsentiert sich. Milane und Störche zuhauf. Letztere machen mir mit den Jahren zum Glück keine Angst. Mir bringen sie trotz allem keine Kinder mehr. Insgesamt ist es ein ländliches Idyll. Man grüßt sich beim Entgegenkommen. Ich oute mich auf dem Elbdeich als Norddeutsche, die ich eigentlich gar nicht bin. Grüße deich-konditioniert freundlich mit „Moin!“ und werde schief angesehen. Am Ende stellte sich heraus, Schilder sind gar nicht nötig. Ich habe wie Hänsel und Gretel meine zielgenaue Rückfahrt gesichert, indem ich nach und nach die Einzelteile meiner Fahrradklingel unterwegs verteilte.









Freitag, 8. Juli 2022

Mal was Verrücktes tun

Meine Aufregung steigt. Seit einigen Jahren fahre ich zum ersten Mal in den Sommerurlaub. Stimmen, die sagen, fünf Tage beziehungsweise drei Urlaubstage seien zu wenig, um ihn als solchen durchgehen zu lassen, ignoriere ich gekonnt. Ihr nehmt mir nicht Jungbrunnen und Aufregung, die sich anfühlen wie damals, wenn lange sechs Wochen Sommerferien bevorstanden. Das Wetter passt auch zum Gefühl: Wie fast immer zu Beginn der schulfreien Zeit regnet es. Mit den gut 150 Kilometern die Elbe herunter entfliehe ich dem Regen bestimmt ohnehin!
Die traurige Gesellschaft lasse ich sowieso mit Freuden zurück.



Dienstag, 5. Juli 2022

Freund oder Bastard?

Wieder einmal drohte ich gestern zu spät zu kommen. Zwar fuhr ich mit dem Fahrrad, doch der Reifendruck spielte keine Rolle. Wenngleich ich die Luftpumpe auf längere Sicht betrachtet nach wie vor schmerzlich vermisse. Diesmal war es die Verkehrslage. Gleich die nächste Kreuzung auf meinem Weg war so mit querstehenden Autos zugestellt, dass mit dem Rad kein Durchkommen war, ja, nicht einmal die Fußgängerampel zu erkennen gewesen wäre. Dennoch war mir, als ich anrollte, wegen des Autoverkehrs in meiner Richtung links von mir klar, dass sie eigentlich grün gewesen wäre. Es bildete sich eine wenig amüsierte, größere Radfahrer-Wartegemeinschaft. Die Stimmung änderte sich, als aus einem wartenden Polizeiwagen in Querrichtung eine Megafonstimme erscholl: „In der Fahrschule wäre Ihnen das nicht passiert! Da hätte Ihnen allen der Fahrlehrer in diesem Moment gesagt: Fahren Sie bitte rechts ran, Ihre Fahrt ist beendet! Die Fahrprüfung hätten Sie natürlich nicht bestanden.“ Zur Belustigung lasse ich mir den Einsatz des Megafons gefallen. Vielleicht sind doch nicht alle Cops Bastards? Zumindest den Verkehrskasper können wir ausklammern. So störte es mich kaum noch, dass die Fahrzeuge anschließend unbeeindruckt weiter auf die Kreuzung und vor allem den Fußgängerübergang fuhren, als etwas Bewegung aufkam. Pünktlich kann jeder.

(Das Bild ist reines Clickbaiting, hat nichts mit dem Text zu tun. Tiere sollen doch immer gehen. Bestimmt auch ein Hummelschweber auf meinem Balkon, um den es sich dabei handelt - wie ich von der erfahrenen Fachkraft erfuhr. Dass es mein Balkon ist, weiß ich übrigens selbst.)

Sonntag, 3. Juli 2022

Fit für die Sommerfrische

In Vorbereitung meines ausgedehnten Sommerurlaubs von Ende nächster Woche bis Anfang übernächster Woche erschien es mir sinnvoll, das Fahrrad aus seiner 9-Euro-Ticket-bedingten Untätigkeit zu befreien. Ein bisschen Training schadet selten. Meine Nachbarn sahen das anders. Hatten sie mich doch meiner Stand-Luftpumpe entledigt, deren Prinzip ich mithilfe eines Nachbarn erst kürzlich begriffen hatte. In der Erklärung meiner Unfähigkeit schwanke ich noch zwischen tendenzblond und intellektuell nicht erwachsen geworden. Zum Glück war ich hell genug, um mir mit einer anderen Pumpe zu helfen. So kam ich Dienstag nur mäßig später zu einem Termin. Da unter zehn Kilometer Strecke wenig Trainingseffekt haben, mussten weitere Einheiten her. Also fuhr ich Freitagabend mit dem Rad in die Vorstadt dicht an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein. Eigentlich dachte ich als Innenstadtmensch mit meinem Melonencape ein bisschen Haute Couture in den Speckgürtel zu bringen, doch es regnete nicht einmal. Also blieb das Cape eingepackt. Auf den letzten fünf der vierzehn Kilometer haderte ich mit meiner Kondition. Nicht, dass ich aus der Puste gewesen wäre. Es ging mich nur hart an, dass eine nicht wesentlich jüngere, aber dafür mit deutlich mehr überschüssigen Kilos ausgestattete Radfahrerin mich an jeder Kreuzung mit roter Ampel mühelos versägte. Sie fuhr unerreichbar schnell an - und lediglich der unvorteilhaften Ampelschaltungen wegen stand ich später wieder schnaufend neben ihr. Gegen Ende meiner Trainingseinheit ging mir auf, dass sie auf einem E-Bike saß und ihre Tretbewegungen eher folkloristischer Art waren. Vielleicht doch tendenzblond? Den Rückweg vertagte ich auf den Folgetag (sportphysiologisch ein No Go, ich weiß), denn ich erhielt das Angebot, vor Ort zu übernachten. Gestärkt durch ein leckeres Frühstück, nicht zu reden von einem ebensolchen Abendessen wenige Stunden vorher, und vom Hausherrn durch eine Fahrradwartung nach vorne katapultiert, schaffte ich die Strecke retour ohne größere Mühe. Einzig etwas schwere Beine und ein plattgesessener Hintern waren zu verzeichnen. Die schweren Beine wurden zugegeben durch samstägliches Einkaufen und Treppauf-Treppab nicht besser. Nichts, was nicht mit einem Kontergetränk zu kurieren gewesen wäre. Heute immerhin war ich so vernünftig, das Rad stehen zu lassen. Nur lockeres Laufen, eher Gehen, auf der üblichen Sonntagsstrecke. Dies allerdings mit dem Handicap, dass die ebenso übliche Stärkung entfiel, da das von uns sonst frequentierte portugiesische Café beschlossen hat, fortan sonntags nicht mehr geöffnet zu haben. Eine Ersatzlokalität war gefordert, die aufzutun innenstadtnah zum Glück keine Schwierigkeit war. Auf den Schock gab es Eiskaffee mit einem schicken Glas-Strohhalm. Dass ich doch kein kindliches Gemüt mehr habe, merkte ich daran, mit dem Strohhalm zwar zu schlürfen, aber nicht hineinzublasen, um das Getränk blubbern zu lassen. Die Frage wäre also geklärt.