Wenn auch die Kilometer zählten, die ich im Traum zurücklege, hätte ich immer mindestens 10.000 Schritte auf der Uhr. Wäre nur fair. Schließlich werden auch die mitgezählt, die man bei verpassten Verabredungen umeinander scharwenzelt (auch ein schönes Übungswort für Spanier: ich scharwenzele, du scharwenzelst, er/sie/es scharwenzelt usw. usf.). Darin waren der Vater meiner Kinder und ich schon immer Meister. Ich wage die verwegene These, dass es nicht an mir liegt. Unterdessen sind es auch mehr meine Kinder, die sich mit diesen Unbillen herumschlagen müssen. Am Mittwochmorgen war die Tochter mit ihrem Vater verabredet, um einen neuen Reisepass zu beantragen. Dafür lag sie mir schon Tage vorher in den Ohren, ich müsse ihr meinen Personalausweis überlassen und eine Einverständniserklärung mitgeben. An mir lag es nicht, dass sie eine Viertelstunde später zurückkam. Unverrichteter Dinge, versteht sich. Mein Ex hatte offenkundig die Internetrecherche nicht allzu gründlich betrieben. Mittwoch ist das Amt geschlossen. Das arme Kind musste sich in den Ferien umsonst ganz früh fertigmachen. Für das Foto musste schließlich das volle Programm mit Kleiderwahl, Frisieren und Schminken durchgezogen werden; das schreibt die Selfie-Erfahrung vor.
Heute früh der zweite Versuch. Gut, dass man die Deo-Exzesse auf dem Foto noch nicht riecht. Gestern wurde ich wieder mehrfach auf meine To-Dos hingewiesen. Hinzukam, dass der Mann sich sorgte, ob mein Pass noch gültig sei. Dazu befragte er mich natürlich nicht direkt (damit rechnen sie bloß!), sondern nutzte das töchterliche Sprachrohr. Er fragte sie gegen 23 Uhr per Whatsapp. Sie antwortete, sie denke, dass er noch gültig sei. Papa: "Denke?". Sie fragte mich nochmals (ich hatte ihn ihr unterdessen schon zu all' ihren Unterlagen gesteckt). Ich (müde und genervt): "Sag' ihm, er sei bis 2023 haltbar!" Zusätzlich gedacht: "Sieh lieber zu, dass du deinen eigenen Kram auf die Spur bekommst, meiner läuft." Aber natürlich nicht gesagt. Man will ja die Brut nicht in Loyalitätskonflikte bringen.
Jetzt ist sie schon erfreulich lange weg.
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